SAP Aktienanalyse: Das Nervensystem der Großkonzerne inmitten der Cloud-Transformation
SAP und Cheflenker Christian Klein befinden sich in der größten Transformation der Firmengeschichte. Manche Investoren reden von Krise. Aber findige Investoren heben Potentiale, die von anderen übersehen werden. In den letzten Monaten haben wir akribisch analysiert, warum SAP Long-Investoren trotz einiger Stolpersteine allen Grund zum Optimismus haben können.
SAP Aktie und Aktienanalyse
- ISIN
- DE0007164600
- WKN
- 716460
- Symbol
- SAP.DE
- Sektor
- Informationstechnologie
- Kurs
- 86 EUR
- Ausstehende Aktien
- 1.178 Mio.
- Marktkapitalisierung
- 105,2 Mrd. EUR
- Enterprise Value
- 109,0 Mrd. EUR
- Nettoverschuldung
- 3,8 Mrd. EUR
- Bruttomarge
- 72,3 %
- EBIT-Marge
- 16,7 %
- Gewinnmarge
- 18,9 %
- Free Cash Flow-Rendite
- 6,3 %
- Dividendenrendite
- 2,8 %
- Sitz
- Walldorf, Baden-Württemberg
- Datum
- 15.07.2022
SAP Aktie und Aktienanalyse
- B2B-Software ist das Nervensystem jedes Unternehmens. Heutzutage ist IT ein zentraler Bestandteil jedes Unternehmens. Denn IT wird zum Wettbewerbsvorteil. Je besser Unternehmen planen und sich strukturieren können, umso erfolgreicher werden sie.
- SAP ist marktführend für wichtige B2B-Software. SAP aus Deutschland fing mit ERP-Software an, ohne die viele Unternehmen untergehen würden. Mittlerweile ist SAP Marktführer für ERP- und HCM-Software und die weltweite Nummer 2 im Bereich CRM-Software. SAP ist ein deutscher Software-Champion.
- Die nächste Herausforderung liegt in der Cloud. SAP ist in den letzten 10 Jahren mit Übernahmen in das wichtige Cloudgeschäft eingestiegen. Doch sie haben es mit starken Herausforderungen zu tun. SAP musste deshalb viele Softwarelösungen neu strukturieren und die Anleger sind nicht ganz so zuversichtlich.
- Hier schlummert eine historische Dividendenchance. Die SAP-Aktie ist für ihre zuverlässige Dividende bekannt und beliebt. Mittlerweile winken 2,3 % Dividende pro Jahr — ein historischer Höchstwert. Ist die SAP-Aktie jetzt unterbewertet? Wir nehmen die Aktie in unserer Analyse genau unter die Lupe.
Aktienkurs von SAP
SAP Aktienanalyse Podcast
Kurzvorstellung
SAP PDF
Geschäftsmodell von SAP
Unternehmensgeschichte: Die Weiterentwicklung von IBM
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1972
Fünf IBMler entwickeln ihre eigene Softwarelösung. IBM war damals der führende Software- und Hardwarehersteller in der IT-Branche. Die fünf Mitarbeiter Hasso Plattner, Dietmar Hopp, Klaus Tschira, Claus Wellenreuther und Hans-Werner Hector tun sich zusammen und gründen ihr eigenes Unternehmen Systemanalyse und Programmentwicklung (SAP) in Weinheim. Das erste Programm SAP R/1 ermöglichte die Lohnabrechnung und Buchhaltung im Unternehmen — ohne Lochkarten. Bereits ein Jahr später fand R/1 seinen ersten Kunden und das Programm wird kontinuierlich um neue Funktionen erweitert.
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1988
Börsengang in Deutschland. SAP hat sich hervorragend gemacht und eine Monopolstellung entwickelt. Das Nachfolgeprogramm SAP R/2 fand Anklang bei den Kunden und so wurde der Börsengang in Deutschland möglich. Der Nachfolger SAP R/3 kam beim Kunden nochmals besser an, denn SAP wendete sich von IBM-Hardware ab, um die umfassendste Software für den Kunden zu programmieren.
-
2002
SAP überlebt die Dotcom-Krise dank hoher Nachfrage. 1999 investierte jeder in Technologie und das trieb auch den SAP-Aktienkurs in die Höhe. Dort konnte sich die Aktie nicht lange halten und stürzte ab. Für die IT-Branche fing eine düstere Zeit an. Doch SAPs Geschäftsmodell war bereits so etabliert und essenziell für Unternehmen, dass die Profite nicht beeinträchtigt wurden. Das Wachstum hielt an und SAP konnte dank der hohen Cash Flows innovative Software-Unternehmen aufkaufen.
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Heute
Marktführer bei vielen Unternehmenssoftwarelösungen. SAPs Erfolg ist nach wie vor ungebremst. Das Unternehmen ist heute die Nummer 1 für verschiedene zentrale Anwendungen in Unternehmen. Sie sind führend für ERP-, HCM- und SCM-Software sowie die Nummer 2 für CRM-Systeme. Damit ist SAP der größte Softwarekonzern Europas und in den größten Unternehmen der Welt eine zentrale Komponente der Produktion.
Mission: Innovationen vorantreiben
Wir bei SAP wollen dazu beitragen, dass die Welt besser funktioniert und das Leben der Menschen verbessert wird. Unser Versprechen ist es, unseren Kunden durch Innovationen zu helfen, ihr Bestes zu geben. Wir entwickeln Lösungen, die Innovationen vorantreiben, die Gleichberechtigung fördern und Chancen über Grenzen und Kulturen hinweg bieten.
SAPs Mission ist es, Großes zu vollbringen und das Leben zu verbessern. Mit genau dieser Einstellung haben die 5 Gründer damals SAP gegründet, damit Unternehmen ihre Prozesse vereinfachen können. SAPs Lösungen helfen dabei, die Übersicht und Kontrolle zu behalten und die Arbeit innerhalb eines Unternehmens voranzubringen. SAP sieht sich als die Unterstützung, die Unternehmen für ihren Erfolg brauchen.
Management: Der ehemalige SAP-Zögling
Christian Klein (42) ist seit 2019 CEO von SAP.
Er ist der jüngste CEO unter allen DAX-CEOs und begleitet SAP bereits seit Jahren. Seinen Anfang hatte er damals als Schülerpraktikant bei SAP. 1999 begann er dann als dualer Student in der internationalen Betriebswirtschaftslehre bei SAP an der DHBW (Duale Hochschule Baden-Württemberg). Nach seinem Studium durchlief er verschiedene Positionen in der Finanz- und Rechnungswesenabteilung, dem Kundendienst und Marketing. Er wurde 2013 zum Finanzvorstand für SAPs junges Cloudgeschäft und die akquirierte Firma SuccessFactors und ab 2015 Teil des SAP-Vorstands, wo er erst das Rechnungswesen leitete, dann das operative Geschäft und schlussendlich den ganzen Konzern.
Christian Klein tritt kein leichtes Erbe an. Sein Vorgänger war Bill McDermott. McDermott ist Amerikaner, der SAP große Visionen und Perspektiven gab und aus SAP einen großen IT-Konzern machte. Deshalb war dies ein drastischer Wandel. Der Deutsche, der das Geschäft übernimmt und SAP in eine neue Zeit bringen soll.
Von SAP-Mitarbeitern hört man, dass Christian Klein von vielen bewundert wird, weil er einen tollen internen Aufstieg geschafft hat. Er hat das Unternehmen Stufe für Stufe durchlaufen und sich hochgearbeitet. Das motiviert viele Mitarbeiter. Außerdem hat er auf jeden Fall eine ruhigere, rationalere Kultur mitgebracht als Bill McDermott. Bei McDermott gab es sehr viele Abklatscher in Meetings und es hatte schon etwas von einer Sportveranstaltung, wenn er einen Raum betrat. Für ein Unternehmen mit deutschen Wurzeln etwas seltsam.
Christian Kleins Strategie ist es, aus SAP einen integrierten Konzern zu machen. SAP hat in den letzten Jahren viele Übernahmen von Softwareunternehmen durchgeführt. Diese Unternehmen arbeiten auf verschiedene Weisen und haben ursprünglich nicht immer eine SAP-Schnittstelle vorgesehen. Klein will in Zukunft, dass jede Softwarelösung im Verbund mit SAP am besten zusammenarbeitet und setzt auf diese Kombination. Eigenständige Weiterentwicklungen sollen in Zukunft nicht mehr passieren.
Christian Klein ist ein CEO, den wir zwiegespalten sehen. Es ist beeindruckend, wie gut er SAP als Konzern kennt und er hat ein großes Netzwerk innerhalb des Konzerns. Andererseits fehlt uns der breite Blickwinkel auch auf andere Softwareunternehmen und vor allem Startups, die vielleicht neuen Wind bei SAP einbringen könnten. Dazu ist er kein Technologieführer, sondern Betriebswirt und setzt deshalb stark auf die Optimierung von Kennzahlen. Seine einheitliche Plattform rund um das Kernprodukt von SAP ergibt Sinn, aber vermutlich muss man dazu das Kernprodukt erstmal neu erfinden und diesen Mut vermissen wir bei ihm. Er setzt lieber auf die alt bewährte Software und Übernahmen, wie man zum Beispiel bei Signavio sah. Dadurch riskiert er wenig, aber kann auch nicht so viel gewinnen.
Aktionärsstruktur: SAPs Gründer geben der Firma Sicherheit
Branchenanalyse: Das wichtigste Werkzeug in jedem Unternehmen
SAPs Branche ist die Branche der Unternehmenssoftware (B2B-Software). Um diesen Markt und seine Trends zu verstehen, muss man verstehen wofür Unternehmen Software benötigen.
Jedes Unternehmen ist ohne Software hilflos
Egal, in welcher Branche man ist, jedes Unternehmen wird irgendwo die Unterstützung durch Technologie brauchen. Selbst eine Ein-Personen-Firma wird zumindest ein E-Mail-Programm, eine Excel-Tabelle und ein Smartphone benötigen. Wir bei AlleAktien brauchen zum Beispiel eine stabile Webseite, Finanzdaten, Buchhaltungssoftware, eine Software, um Abos zu verwalten oder auch Designwerkzeuge.
Je größer ein Unternehmen wird, umso komplexer wird die Organisation des Unternehmens. Einzelne Personen wie der CEO können nicht mehr alle Aufgaben wie die Lager- oder Personalverwaltung sowie Produktionsplanung ordentlich und sauber koordinieren ohne Hilfsmittel. Früher waren das riesige Karteien, Bücher und Akten. Man hat säuberlich alles notiert, was im Unternehmen vorhanden ist. Das ist aufwendig und führt zu vielen Fehlern. Deshalb setzt man heute auf entsprechende Software.
B2B-Software ist der Schlüssel, um im Unternehmen viele Aufgaben durchzuführen und die Verwaltung zentral zu kontrollieren. Es gibt für verschiedene Bereiche B2B-Software:
Produktivitätssoftware wie Microsoft Office. Mit dieser Software werden verschiedene grundlegende Unternehmensaufgaben zusammengefasst. Microsoft Office und ähnliche Anwendungen wie von Google oder Apple ersetzen vor allem Stift und Papier. Man kann Dokumente schreiben, Mails versenden, Tabellen ausfüllen oder eine Präsentation erstellen.
Kollaborationssoftware wie Zoom, Webex oder Slack. Diese Softwarelösungen sind für das gemeinsame Arbeiten zuständig. Sie ersetzen im Prinzip das Telefon. Über Kollaborationssoftware kann man mit Kollegen und Kunden kommunizieren oder auch Meetings abhalten.
Enterprise Resource Planning (ERP)-Software wie SAP S/4HANA oder Oracle Cloud Enterprise Resource Planning. Diese Softwarelösungen sind das zentrale Nervensystem von vielen Unternehmen — besonders im produzierenden Bereich. Über ERP-Software werden die ganze Produktion, Lagerhaltung und Lieferkette eines Unternehmens in einer Software abgebildet. Dadurch weiß das Unternehmen, wo gerade Fertigungskapazitäten und Rohstoffe vorhanden sind, welche Mitarbeiter an welcher Stelle gerade arbeiten und wie alle Ressourcen im Unternehmen disponiert werden müssen. Ohne ein ERP versinken Unternehmen im Chaos und es kommt zu Produktionsstillständen und Materialschwund.
Customer Relationship Management (CRM)-Software wie Salesforce CRM oder SAP CRM. Jedes Unternehmen hat Kunden und Interessenten, die den Umsatz bringen. Mit CRM-Software werden diese Kunden zentral in einem System gebündelt. Wichtige Informationen wie Ansprechpartner, Anschrift, vergangene Umsätze oder auch das Potential des Kunden werden dort gesammelt. Über CRM-Systeme können besonders Vertriebs- und Marketingabteilungen ihre Effizienz deutlich optimieren und den Umsatz des Unternehmens steigern.
Human Capital Management (HCM)-Software) wie SAP SuccessFactors oder Workday HCM. Das Personal ist eine der wichtigsten Ressourcen in einem Unternehmen, denn Mitarbeiter ermöglichen erst, dass aus Materialien Umsätze entstehen. HCM-Software ist Software für Personalabteilungen, damit diese die Mitarbeiter noch besser verwalten können. Denn Personalabteilungen wenden oft Zeit dafür auf, um Gehaltsabrechnungen durchzuführen oder Mitarbeiterdaten zu ändern. Dabei ist eine ihrer wichtigsten Aufgaben, Mitarbeiter zu fördern und neue Talente zu finden. HCM-Software hilft dabei, viele Standardaufgaben zu automatisieren, damit Zeit für die wichtigen Aufgaben bleibt.
Der Markt für B2B-Software ist sehr vielschichtig und es gibt noch viele weitere Softwarelösungen für einzelne Bereiche: Design, Konstruktion, Produktlebenszyklusmanagement (PLM), Einkauf, Buchhaltung. Für SAP sind ERP, CRM und HCM die drei entscheidenden Zielmärkte.
Da mittlerweile eigentlich kein Unternehmen ohne Software mehr erfolgreich sein kann, ist der B2B-Software-Markt gewaltig geworden. Der globale Software-Markt ist 474 Mrd. US-Dollar groß und wächst weiterhin mit über 11 % pro Jahr. 2030 sollte der Markt bereits ungefähr 1.150 Mrd. US-Dollar an jährlichen Umsätzen einbringen.
In diesem Markt ist SAPs wichtigster Zielmarkt ERP-Software, die auf jährlich 55 Mrd. US-Dollar an Umsätzen kommt. Der Markt ist besonders attraktiv, da ERP-Software durch ihre Komplexität viel tiefer in einem Unternehmen integriert wird als andere B2B-Softwarelösungen und deshalb sich auch kaum wieder entfernen oder austauschen lässt. Die Umsätze sind dadurch nichtzyklisch und wachsen langfristig praktisch nur noch nach oben. Da der Bedarf an ERP-Software immer noch lange nicht abgedeckt ist, soll auch hier das Wachstum in den kommenden Jahren rund 10,7 % pro Jahr betragen und damit in etwa so sein wie der Markt.
SAP führt den ERP-Software-Markt für Großunternehmen mit weitem Abstand an. Es gibt hunderte Anbieter von ERP-Softwaresystemen, aber die meisten ERP-Systeme sind für kleine und mittelständische Unternehmen ausgelegt. SAP hat sich dagegen auf die profitabelsten Kunden fokussiert. Sie adressieren vor allem Fortune 500-Unternehmen, die komplexe und globale Strukturen haben und deshalb ein unendlich skalierbares System benötigen. SAP hat deshalb 29 % Marktanteil und Oracle kommt erst danach mit 19 %. Die zwei nächstgrößeren Sage und Infor haben jeweils nur noch 5 % Marktanteil. Wenn ein ERP-Nutzer wächst und immer größer wird, dann kommt zwangsläufig der Punkt, an dem man wechseln muss und hier gibt es im Markt fast nur die Wahl zwischen SAP oder Oracle.
B2B-Software findet ihren Weg in die Cloud
In den letzten Jahrzehnten lief in der B2B-Softwarebranche alles über Lizenzen. Ein Unternehmen kaufte für einen hohen Preis eine Software ein, installierte sie und bekam anschließend gegen kleinere Beträge Updates und neue Funktionen. Dieses Modell kenne ich noch von Microsoft Office sehr gut aus dem Familien- und Freundeskreis, als einige noch die 2003-Version von Microsoft Office hatten und es bereits eine Version für 2010 gab, die nicht kompatibel war. Wenn man Software kauft, dann fangen viele Kunden an zu sparen. Sie versuchen, so lange wie möglich die Software zu nutzen. Das spart Geld, aber bringt dem IT-Unternehmen nicht so viel Umsatz ein. Gerade in Krisenzeiten werden dann Kaufentscheidungen auf Eis gelegt.
Deshalb ist der wichtigste Wandel der Softwarebranche in den letzten 10 Jahren die Umstellung auf Software as a Service. Aus Programmen, die man auf dem Computer installiert und Lizenzen, die man alle paar Jahre kauft, werden Softwarelösungen, die man im Browser nutzt und Abo-Modelle. Der Vorteil für die Nutzer ist, dass sie immer die modernste Technik und beste Version einer Softwarelösung bekommen. Für die Softwarefirmen ist der Vorteil, dass sie sich nur noch auf eine Softwarelösung konzentrieren müssen, da dank Cloud die Hardware der Nutzer kaum noch eine Rolle spielt und die Umsätze im Abo-Modell fließen. Außerdem kennt man dann das Nutzungsverhalten der Kunden. Wenn eine Cloudlösung kaum verwendet wird, kann man den Kunden kontaktieren und kostenlose Weiterbildungen anbieten.
Allerdings ist die B2B-Branche unterschiedlich weit, was Cloud-Services angeht. Kollaborationssoftware ist für die Cloud wie gemacht, weshalb sie als eine der ersten den Wandel schaffte. Dagegen sind gerade Konstruktionssoftwarelösungen komplex und viele Kunden wollen ihre Daten nicht aus der Hand geben. Deshalb ist die Cloud hier bisher erst zu 7 % angekommen.
ERP-Software liegt im Mittelfeld. 52 % der Branche sind bereits auf Cloud umgestellt. Allerdings bedeutet das, dass noch ungefähr der halbe Markt auf Lizenzsoftware läuft. Gerade SAP und Oracle sind hier vertreten. Die älteren Systeme von SAP und Oracle sind Lizenzsoftware gewesen und zum Beispiel SAPs relativ altes ERP-System R/3 erhält immer noch Updates, weil die Kunden so stark darauf angewiesen sind. Das ist im ersten Moment ein Nachteil, aber langfristig eine Chance, denn hier schlummern gewaltige Umsätze, die man in das jährliche Cloud-Abo übertragen kann.
Aber neben dem bloßen Umstellen auf Cloud-Lösungen gibt es weitere wichtige Trends in der Branche. B2B-Software gewinnt bei vielen Anlegern an Beliebtheit, weil das Geschäftsmodell bei Erfolg zu einer profitablen Cash Cow wird. Deshalb gibt es hier große Innovationen. Im Bereich Datenschutz und Künstliche Intelligenz werden die Lösungen kontinuierlich weiterentwickelt. So können auch Probleme wie der chronische Mangel an IT-Fachpersonal bewältigt werden.
Des Weiteren entwickelt sich die IT-Branche immer mehr in Richtung Konsumentenmarkt. Jeder Mensch ist unterbewusst ein IT-Nutzer dank Smartphone. B2B-Software wird sich in Zukunft immer mehr an dieses Nutzungsverhalten anpassen müssen. Das heißt, dass B2B-Software so intuitiv und mobil werden muss wie eine iPhone-App. In Zukunft werden eventuell die Mitarbeiter sogar von ihrem eigenen Smartphone auf Unternehmensprozesse zugreifen. Solche Herausforderungen müssen berücksichtigt werden.
Geschäftsmodell von SAP in der Detailanalyse
SAPs Geschäftsmodell besteht aus drei großen Bereichen:
- Applications, Software & Technologie
- Services
- Qualtrics
85 % der Umsätze mit Applications, Software & Technology. Dieses Segment ist der hauptsächliche Treiber des SAP-Geschäfts. SAPs ganze Softwarepalette in Bereichen wie ERP, HCM, CRM, Finanzen, Beschaffung, Supply-Chain-Management gehört zu diesem Bereich. SAP verkauft Softwarelizenzen und Cloud-Services im Abo-Modell und bietet weitere Dienstleistungen nach dem Verkauf an. Die Umsätze sind besonders stabil, da sie im Abo entstehen.
12 % der Umsätze mit Services. Dieses Segment unterstützt das Segment Applications, Software & Technology. SAP hat eine eigene Beratung für Kunden, um SAP-Projekte erfolgreich umzusetzen. Da die Einführung eines SAP-Systems mehrere Monate dauert und auch schnell mehrere Jahre dauern kann, bietet SAP entsprechende Beratungsleistungen, um den Prozess zu beschleunigen. Diese Umsätze entstehen einmalig bei der Einführung von SAP-Produkten und sind relativ zyklisch, denn in Krisenzeiten verzichten viele Firmen eher auf die teuren Berater.
3 % der Umsätze mit Qualtrics. Das kleinste Segment ist die SAP-Tochter Qualtrics, die SAP erst 2018 aufgekauft und 2021 wieder an die Börse gebracht hat. Qualtrics ist im Bereich der Marktforschung (Experience Management) tätig und entwickelt eine Cloud-Lösung, um Kunden und Mitarbeitern ein optimales Erlebnis zu liefern und ihr Feedback zu sammeln.
SAPs wichtigste Märkte sind vor allem die Industrienationen. Der größte Markt ist Europa, Naher Osten und Afrika, die zusammen auf 45 % der Umsätze kommen. Danach kommt Amerika mit 39 % der Umsätze. Wenn man einzelne Länder betrachtet, sind die USA allerdings der wichtigste Einzelmarkt mit 31,5 % der Umsätze, gefolgt von Deutschland mit 15,5 %. Man sieht, dass SAP sich vor allem nach dem amerikanischen Geschmack richten muss und deshalb Cloud-Investments in Zukunft entscheidend sind.
Strategie: SAP verpasste jahrelang einen Trend und setzt in Zukunft auf starkes Cloud-Wachstum
SAP ist ein Unternehmen, das es mittlerweile 50 Jahre schon gibt. Deshalb hat SAP einige Meilensteine der Informationstechnologie durchlebt und sich kontinuierlich weiterentwickelt. Die heutige Zeit ist für SAP die größte Herausforderung der letzten Jahrzehnte. Damit SAP relevant bleibt, müssen sie ihr Geschäftsmodell von einem Lizenz-Modell auf ein Cloud-Modell umstellen.
Die Chancen von einem Cloud-Geschäftsmodell liegen auf der Hand. SAPs Umsatz wird jährlich planbar und SAP kann den Umsatz mit Kunden durch neue Funktionen und Preiserhöhungen deutlich einfacher steigern. Die ganze Kommunikation mit dem Kunden wird intensiver und so kann SAP den Burggraben weiter vertiefen. Außerdem ist das Cloud-Geschäft ein Wachstumsmarkt für SAP.
SAP selbst erwartet, dass ihre Cloud-Umsätze in den nächsten Jahren um 24 % pro Jahr wachsen werden. Aktuell liegen sie noch bei 9,4 Mrd. Euro und bis 2025 sollen es 22 Mrd. Euro werden. Das Wachstum liegt seit Jahren bei über 20 % und flacht nicht ab, obwohl SAP bereits einer der größten Anbieter von Cloud-Softwarelösungen auf der Welt ist. Insgesamt soll der gesamte Konzern dank der Cloud sogar wieder über 10 % Umsatzwachstum pro Jahr erreichen.
Um den Wandel zur Cloud einfacher zu gestalten, hat SAP deshalb viele Übernahmen durchgeführt. Sie haben verschiedene Startups mit innovativen Cloud-Lösungen wie SuccessFactors im HCM-Bereich, Concur für Reisekostenmanagement und Signavio für Business Process Management aufgekauft. Das Ziel dieser Übernahmen war es, das eigene Cloud-Angebot auszubauen. Das größere Angebot hilft SAP, denn die wenigsten Kunden entscheiden sich direkt für das ganze Angebot von SAP. Sie wählen stattdessen erstmal nur einzelne Lösungen aus.
Dieser erste Einstieg ist für SAP wichtig und hilft dabei, die Kundenbeziehung auszuweiten. Diese Land-and-Expand-Strategie sorgt dafür, dass SAP den Umsatz mit Kunden kontinuierlich ausbaut. 45 % der SAP-Cloud-Kunden nutzen bereits mindestens zwei Cloud-Lösungen von SAP. Das Ziel ist, dass die Kunden langfristig so viele Lösungen wie möglich von SAP beziehen.
SAP hat zwar sein Cloudangebot in den letzten Jahren erfolgreich ausgebaut, aber das Problem der letzten Jahre war, dass SAP das vor allem mit zugekauften Cloud-Lösungen erreichte. Das Kerngeschäftsmodell der ERP-Software ist tief in der Lizenz-Software verankert und SAP strauchelt hier bei der Umstellung auf Cloud-Services, denn viele Kunden nutzen eine ältere, stabile SAP-Lösung, die noch unterstützt wird.
Das ist bei SAPs Zielen ein Problem, deshalb hat Christian Klein reagiert und schweißt den Konzern stärker zusammen. Die einzelnen Cloud-Lösungen werden in Zukunft eine integrierte SAP-Plattform sein. Damit die Kunden einen besonders einfachen Umstieg haben, gibt es das neue Angebot RISE with SAP. RISE with SAP ist ein Plattformangebot, das Neu- und Bestandskunden von SAP dabei hilft, schnell und einfach in die SAP-Cloud zu kommen.
SAP bietet dabei alles aus einer Hand an und abonniert Schritt für Schritt immer mehr. Man bekommt SAPs komplettes Angebot und kann langsam hineinwachsen. Um den Umstieg deutlich einfacher zu machen, hat SAP Migrationstools programmiert, die viele Standard- und Speziallösungen aus dem alten SAP-System automatisch übertragen können. Dabei gibt es Sonderprogramme für einzelne Branchen wie die Automobilbranche und man kann Cloud-Infrastruktur direkt bei SAP beziehen, statt mit AWS oder Azure einen weiteren Vertrag abzuschließen.
SAP hat viel aufzuholen durch jüngere Wettbewerber wie Salesforce oder Workday, aber sie haben mit RISE with SAP das notwendige Werkzeug geschaffen, das beim Kunden gut ankommt, um den Wandel zu schaffen. Damit können sie den Rückstand aufholen.
Fazit zum Geschäftsmodell
SAP ist ein deutscher IT-Großkonzern und der Marktführer für ERP-Systeme, HCM-Systeme und die Nummer 2 für CRM-Systeme auf der Welt. Dadurch hat SAP eine starke Position und einen tiefen Burggraben erlangt. Der Wandel für SAP von Lizenzen auf Cloud war nicht leicht. SAP hat ihn in der Vergangenheit vor allem durch Zukäufe gelöst und die wichtigen Kernprodukte dafür sehr lange noch im Lizenzmodell gestützt. Mittlerweile ist der Punkt gekommen, an dem SAP diese Struktur aufbricht und sein Angebot harmonisiert. Dank RISE with SAP gelingt das SAP immer besser.
Man merkt allerdings auch, dass SAP etwas in die Jahre gekommen ist und sich zum Average Grower entwickelt hat. Sie haben den Cloud-Markt in ihrem Kerngeschäft einige Jahre schleifen lassen und müssen diese Entwicklung jetzt nachholen. Das merkt man auch in den Kennzahlen.
Kennzahlen der SAP-Aktie
AAQS: SAP erreicht 9 / 10 Punkten im AlleAktien Qualitätsscore
SAP erreicht im AlleAktien Qualitätsscore (AAQS) 9 von 10 Punkten und ist damit ein Qualitätsunternehmen. SAPs historisches und zukünftiges Wachstum liegt bei über 5 % pro Jahr außer das EBIT-Wachstum der letzten 10 Jahre. Außerdem erreicht SAP attraktive Renditen auf das Eigenkapital und das eingesetzte Kapital bei gleichzeitig akzeptabler Verschuldung. Gleichzeitig hat SAP in den letzten 10 Jahren jedes Jahr einen Gewinn erwirtschaftet und keinen stärkeren Gewinneinbruch erlebt.
Umsatz- und Gewinnentwicklung: Stabiles Umsatzwachstum bei volatiler Marge
Umsatzwachstum
SAP ist in der Vergangenheit fast kontinuierlich gewachsen bis auf 2020. Allerdings schwankte das Wachstum etwas. In wirtschaftlich starken Jahren wie 2015 oder 2019 erreichte SAP über 10 % Wachstum, in schwächeren Jahren lag es unter 5 %. Im Durchschnitt liegt das Wachstum bei ungefähr 7 % pro Jahr. Im Großen und Ganzen wächst SAP aber von Jahr zu Jahr.
Operative Gewinnmarge
SAPs operative Gewinnmarge ist in den letzten 10 Jahren deutlich abgeflacht. In der Vergangenheit erreichte SAP Werte von über 25 % und mittlerweile ist das Niveau von 20 % eher die Normalität. Ein Grund dafür sind Umstellungskosten durch den Wechsel von Lizenzen auf Cloud. Außerdem hat SAP in der Vergangenheit stark in sein Angebot investiert und dadurch Einbußen in der Marge gehabt. In Zukunft sollte sich die Marge verbessern, wenn sich die Abo-Umsätze erhöhen und die Umstellungseffekte abnehmen.
Dividende: Hervorragende Entwicklung
Dividende
SAP hat in den letzten 25 Jahren seine Dividende nie gesenkt und sogar seit 11 Jahren kontinuierlich angehoben. SAP-Aktionäre profitieren von der Konstanz und Zuverlässigkeit der SAP-Ausschüttungspolitik. Jedes Jahr steigt die Dividende im Durchschnitt um 10 % pro Jahr und auch in Zukunft soll es weitergehen. Analysten rechnen nur mit 4,1 % pro Jahr, aber wenn man sich die SAP-Historie anschaut, ist es durchaus realistisch, dass die Dividende weiterhin mit 7 % bis 8 % pro Jahr wächst. Das bietet SAP-Aktionären eine sehr schöne Basis für Dividendenwachstum. 2021 gab es sogar eine Sonderdividende von 0,50 Euro pro Aktie aufgrund des 50-jährigen Firmenjubiläums.
Dividendenrendite
Die SAP-Aktie hat eine tech-typisch niedrige Dividendenrendite. In der Vergangenheit sah man selten über 2 % Dividendenrendite und 1,7 % waren der Durchschnitt. Aktuell bekommen SAP-Aktionäre dagegen 2,3 % Dividendenrendite und damit so viel wie noch nie in den letzten 10 Jahren. 2,3 % Dividendenrendite sind noch nicht besonders viel, aber das Dividendenwachstum bringt langfristig immer mehr Dividende ein. In 10 Jahren können daraus bereits bei 7 % jährlichem Wachstum 4,5 % Dividendenrendite werden.
Ausschüttungsquote
SAP hat eine konservative Ausschüttungspolitik und liefert damit eine gute Grundlage für weiteres Dividendenwachstum. Seit 2018 werden ungefähr 40 % der Gewinne ausgeschüttet. Somit bleiben 60 % im Unternehmen und können für Investitionen, Schuldentilgung oder Aktienrückkäufe verwendet werden. Langfristig wird diese Quote vermutlich auf 50 % erhöht. SAP hat auf jeden Fall genügend finanziellen Spielraum durch seine Ausschüttungsquote und sowohl das Wachstum als auch die Dividende sind sicher.
Zahl der ausstehenden Aktien
SAP hat in der Vergangenheit auch in kleinerem Maße Aktien zurückgekauft. Insgesamt wurden 0,1 % der Aktien pro Jahr vom Markt genommen. Die Anzahl der Aktien ging gerade seit 2019 etwas stärker zurück. Seit dem 1. Februar läuft ein Aktienrückkaufprogramm, das am 3. August endet, bei dem insgesamt 1 Mrd. Euro in Aktienrückkäufe investiert werden. In Zukunft wird SAP vermutlich stärker auf Aktienrückkäufe setzen, wie es in den USA der Fall ist. Das würde den Aktionären zu Gute kommen, wenn im gesunden Ausmaß Aktien vom Markt genommen werden.
Bilanzanalyse: Wenige Schulden, aber explosiver Goodwill
SAPs Bilanz ist nur in geringem Maß durch Schulden belastet. Die Nettoschulden betragen gerade mal das 0,8-Fache des operativen Gewinns. Das heißt SAP kann innerhalb von einem Jahr seine Schulden komplett abbezahlen, wenn der Gewinn konstant bleibt.
Auch der Zinsdeckungsgrad spricht für SAP, denn die Zinsen belasten SAP kaum. Der Gewinn deckt die Zinsen mehr als 22-fach ab. SAP kann also theoretisch seine Verschuldung in den kommenden Quartalen hochfahren, um Übernahmen durchzuführen oder in das Geschäft zu reinvestieren. Das Unternehmen hat diese Flexibilität.
Die Ratingagentur Moody's sieht SAP 2021 auch als einen sehr soliden Schuldner. Das langfristige Kreditrating von A2 bedeutet, dass SAP zum Upper Medium Grade gehört und somit ein verlässlichler Rückzahler von Schulden ist.
Es gibt allerdings einen großen Wermutstropfen in SAPs Bilanz: Goodwill. Goodwill ist eine buchhalterische Gegenposition, die ein Unternehmen verbucht, wenn es eine Übernahme durchführt und der Übernahmepreis über dem Bilanzwert der aufgekauften Firma liegt. Gerade bei Softwarefirmen können Goodwill-Positionen deshalb durch die Decke gehen, weil es kaum physische Gegenwerte im Unternehmen gibt bei der Übernahme. Deshalb ist diese Bilanzposition bei SAP ungefähr 30 Mrd. Euro groß und macht damit 72 % des SAP-Eigenkapitals aus. Das ist bedenklich, weil sie nur darauf basiert, dass die Übernahmen in Zukunft ihre Geldwerte einbringen. SAP hat zum Beispiel in 2014 Concur für 8,3 Mrd. US-Dollar übernommen und Qualtrics für 8 Mrd. US-Dollar. Concur könnte in diese Bewertung bereits hineingewachsen sein, aber Qualtrics wird an der Börse bereits nur noch mit 7,6 Mrd- US-Dollar bewertet. Durch die gestiegenen Zinsen könnte hier eine Abschreibung aufgrund eines zu hohen Kaufpreises mittelfristig bevorstehen. Wenn sich das Marktumfeld für wachsende Technologiefirmen weiterhin eintrübt, wird SAP hier außerplanmäßige Verluste schreiben und einen Teil seiner bilanziellen Stabilität verlieren. Dieses Szenario wird mittlerweile realistisch.
Vergleich mit B2B-Softwareunternehmen
Unternehmen | SAP | Oracle | Microsoft | Salesforce |
Logo | ||||
WKN | 716460 | 871460 | 870747 | A0B87V |
Marktkapitalisierung in Mrd. | 105,2 EUR | 169,3 USD | 1.804,2 USD | 159,2 USD |
Umsatz 2021 in Mrd. | 27,8 EUR | 37,3 USD | 140,9 USD | 22,5 USD |
Umsatzwachstum 3J | 4,1 % | 2,6 % | 15,0 % | 25,8 % |
EBIT 2021 in Mrd. | 4,7 EUR | 9,6 USD | 58,6 USD | 0,5 USD |
EBIT-Marge 2021 | 16,7 % | 25,7 % | 41,6 % | 2,1 % |
KUV 2022e | 3,5 | 3,7 | 9,6 | 5,3 |
KGV 2022e | 17,4 | 12,8 | 26,9 | 35,4 |
Dividendenrendite 2022e | 2,2 % | 1,9 % | 1,0 % | 0,0 % |
Im direkten Wettbewerbsvergleich fällt auf, dass SAP und Oracle die Value-Unternehmen der Branche sind mit den günstigsten Bewertungen und höchsten Dividenden im direkten Vergleich. Dafür haben sie das geringste Wachstum.
Die andere Seite des Marktes sind Microsoft und Salesforce, die beide deutlich schneller wachsen und im Fall von Microsoft noch viel profitabler sind.
Als Investor kann man sich jetzt praktisch zwischen Wachstum und Ertrag entscheiden. Microsoft und Salesforce sind beide Unternehmen, die noch viel Potential für die IT-Branche mit sich bringen und beweisen, dass sie wandlungsfähig sind.
SAP und Oracle sind dagegen die Legacy-Unternehmen, die durch ihre günstigen Bewertungen aber ein unglaubliches Aufwertungspotential haben. Es hängt hier stark vom Typ des Investors ab, der man ist. Wir sehen hier persönlich Microsoft deshalb als besten Kompromiss aus fairer Bewertung und starkem Wachstum und würden die Aktie im direkten Vergleich vorziehen.
Bewertung der SAP-Aktie
Historische Bewertung im Vergleich
KUV (Kurs-Umsatz-Verhältnis)
je niedriger, desto günstiger
SAP erreicht aktuell ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von 3,5, was im Vergleich zum historischen Durchschnitt von 4,1 sehr günstig ist. Damit liegt SAP 15 % unter dem historischen Wert und ist unterbewertet.
KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis)
je niedriger, desto günstiger
SAPs aktuelles KGV liegt bei 29,8 und damit über dem historischen Schnitt von 24,4. Allerdings verzerren Sondereffekte wie Personalabbau und die Umstellung von Lizenzen auf Cloud das KGV. 2023 soll es bereits bei ungefähr 22,5 liegen und 2024 unter 20. SAP ist damit auch nach dem KGV eher unterbewertet.
AlleAktien-Lynch Einschätzung
SAP ist nach Peter Lynch ein Average Grower. In unseren vorherigen Analysen war SAP noch ein Fast Grower, weil das Wachstum über 10 % gelegen hatte und die Wachstumsperspektiven sehr positiv waren. Average Grower sind dagegen stabile Unternehmen, die zwischen 3 % und 10 % pro Jahr wachsen und dafür ihren Aktionären eine konstant steigende Dividende liefern. Diese Situation trifft auf SAP definitiv zu. Average Grower gelten als besonders kaufenswert, wenn sie historisch günstig sind. Auch das ist bei SAP der Fall, weshalb die SAP-Aktie nach Peter Lynch kaufenswert ist.
AlleAktien DCF- und FMV-Modell
Um den fairen Wert einer Aktie zu ermitteln, eignet sich das DCF-Modell. Es hat eine simple Annahme: Ein Unternehmen ist so viel wert wie alle Gewinne, die die Firma in der Zukunft erwirtschaftet. Die Idee dahinter ist, wie ein Unternehmer zu denken, dem eine Firma bis in die Ewigkeit gehört. Allerdings muss man bei dem DCF-Modell immer bedenken, dass wir die Zukunftsgewinne nur abschätzen können und dass 1 Mio. US-Dollar für uns heute einen viel höheren Nutzen haben als in 10 Jahren. Deshalb wird das DCF-Modell mit einem Diskontierungsfaktor berechnet, der diese Einflüsse bereinigt.
Wert | Begründung | |
Umsatzwachstum |
2022-2026: 7,5 % 2027 - 2041: 6 % bis 4 % |
2022 bis 2026: Basierend auf den Analystenschätzung, des ERP-Marktwachstums und der eigenen Prognose des SAP-Managements 2027 bis 2040: Langsame Annäherung an das allgemeine Weltwirtschaftswachstum. B2B-Software hat langfristig noch viel Wachstumspotential und wird sich vom Wachstum irgendwann dem allgemeinen Markt annähern. |
EBIT-Marge | 23 % bis 30 % | SAP hat in den letzten Jahren viel von Lizenzen auf Cloud umgestellt und Personal umstrukturiert. Dadurch litt die Marge. In Zukunft sollte sie deutlich ansteigen und 30 % erreichen wie es für etabliert Abo-Software-Firmen üblich ist. |
Kurs-Gewinn-Verhältnis | 22 | 10 % unter dem Mittelwert der letzten 10 Jahre, um das sinkende Wachstum in die Bewertung aufzunehmen. |
Ausschüttungsquote | 40 % | Durchschnittlicher Wert der letzten Jahre und vom Management kommunizierte Ausschüttungsquote. |
Gemäß meiner Annahme entsteht beim DCF-Modell eine Renditeerwartung von 11 % und beim FMV-Modell von 11 % pro Jahr.
Renditeerwartung in Abhängigkeit vom Einstiegskurs
Je niedriger der Einstiegskurs, um so höher die langfristige Renditeerwartung
Renditeerwartung pro Jahr | Einstiegskurs |
4,0 % | 165 EUR |
5,0 % | 150 EUR |
6,0 % | 136 EUR |
7,0 % | 124 EUR |
8,0 % | 113 EUR |
9,0 % | 103 EUR |
10,0 % | 94 EUR |
11,0 % | 86 EUR |
12,0 % | 79 EUR |
13,0 % | 72 EUR |
14,0 % | 66 EUR |
15,0 % | 60 EUR |
16,0 % | 55 EUR |
17,0 % | 51 EUR |
Chancen von SAP
Substanzielle Chance #1: Die Unternehmenswelt wird immer digitaler
SAPs größter Treiber ist das allgemeine Branchenwachstum für Unternehmenssoftware. Solange es Unternehmen gibt, die digital noch in den 1900er Jahren leben, kann SAP Neukunden finden und wachsen. Der allgemeine Markt wächst um rund 12 % pro Jahr und treibt damit auch SAP an.
Auswirkungen auf den Umsatz: hoch
SAP profitiert vor allem von dieser Entwicklung und sie ist der Haupttreiber für SAPs Umsätze.
Erfolgswahrscheinlichkeit: hoch
Es ist relativ wahrscheinlich, dass Unternehmen auf immer mehr IT setzen werden. Mit IT entsteht ein Wettbewerbsvorteil. Das heißt, langfristig werden die Unternehmen ohne ausreichende IT vom Markt verschwinden.
Substanzielle Chance #2: SAP gewinnt mehr Kunden mit seiner Cloud-Plattform
SAP hat stark auf die Plattform RISE with SAP umgestellt. Dadurch haben die Kunden einen einfacheren Zugang zu den SAP Cloud-Services und SAP kann in diesem Bereich stark wachsen.
Auswirkungen auf den Umsatz: hoch
Durch solche Cross-Sales könnte SAP seine Umsätze nochmals stärker steigern. Kunden von einzelnen Lösungen können einfacher ihre ganze IT auf SAP-Produkte wechseln.
Erfolgswahrscheinlichkeit: mittel
Im Cloud-Bereich hat SAP gute Chancen. Sie sind jedoch nicht der Branchenführer in ihren Produktkategorien. Es gibt mittlerweile jüngere Unternehmen wie Salesforce, die gegenüber SAP oft etwas voraus haben. Außerdem wollen sich viele Unternehmen nicht komplett auf ein Unternehmen verlassen.
Risiken von SAP
Substanzielles Risiko #1: SAP kann sich im Cloud-Markt nicht durchsetzen
SAP ist in der Transformation von Lizenzen zur Cloud. Dadurch besteht die Gefahr, dass sie von Wettbewerbern überholt werden. Aktuell sind zum Beispiel Oracle und Microsoft auf dem Vormarsch und wollen SAPs Position bei ERP-Systemen streitig machen.
Auswirkungen auf den Umsatz: hoch
Wenn SAP einen Kunden beim Wechsel von der Lizenz-Lösung zur Cloud einmal verliert, ist er nicht mehr reinzubringen. Wenn viele IT-Manager sich gegen SAP entscheiden, wird es für SAP einen nachhaltigen Umsatzverlust bedeuten.
Eintrittswahrscheinlichkeit innerhalb von 10 Jahren: mittel
Da die Karten aktuell neu gemischt werden und es junge Wettbewerber wie Salesforce und Workday gibt, die ihre Lösung vollständig neu gedacht haben, hat SAP eine reale Gefahr. Es könnte passieren, dass SAP hier Marktanteile an den Wettbewerb abgibt.
Substanzielles Risiko #2: SAPs Übernahmen bringen ihre Übernahmewerte nicht ein
SAP hat einen hohen Goodwill in der Bilanz, der ungefähr drei Viertel des Eigenkapitals beträgt. Sollten diese Werte nicht durch zukünftige Cash Flows erfüllbar sein, muss SAP diesen Goodwill als Verlust abschreiben und verliert an bilanzieller Stabilität.
Auswirkungen auf den Gewinn: mittel
Die Auswirkungen auf den Gewinn wären einmalig und würden einen hohen Verlust bedeuten. Dieser wäre allerdings nicht cashflow-wirksam, da es sich um eine Abschreibung handelt. Allerdings mindert es die bilanzielle Stabilität von SAP und das Vertrauen der Anleger in weitere Übernahmen oder Innovationen.
Eintrittswahrscheinlichkeit innerhalb von 10 Jahren: mittel
Bisher gab es noch keine solchen Abschreibungen. Die Wahrscheinlichkeit ist auch nur mittelhoch, da SAP mehrere Unternehmen übernommen hat und damit nicht den ganzen Goodwill abschreibt. Aber die letzten Übernahmen waren recht teuer und das Szenario ist damit realistischer geworden.
AlleAktien Ewigkeitsfaktor
Ich schätze die Wahrscheinlichkeit auf 95 %, dass es dem Unternehmen in 10 Jahren besser geht als heute.
SAPs starke Stellung in vielen Weltunternehmen macht es eigentlich unmöglich, dass die Software in 10 Jahren irrelevant sein wird. Die wenigsten Unternehmen würden einen Wechsel auf ein anderes ERP-, CRM- oder HCM-System riskieren. Dadurch hat SAP einen tiefen Burggraben für die Zukunft und kann allein mit Preissteigerungen wachsen. Da der Markt wächst und SAP sich auch weiterhin bei Kunden etabliert, sollte SAP auch in der Zukunft besser dastehen als heute.
Fazit zur SAP-Aktie: kaufenswert
Eine Value-Dividendenperle mit Rabatt
Branche. SAP ist in der B2B-Softwarebranche aktiv. Die Unternehmen in diesem Markt entwickeln Software-Lösungen für andere Unternehmen, um produktiver zu arbeiten. Der Markt ist bereits 474 Mrd. US-Dollar groß und hat weiterhin zweistelliges Wachstumspotential. Die Umsätze sind in der Regel nichtzyklisch, weil IT für viele Unternehmen ein zentraler Bestandteil des Unternehmens ist, den man in Krisenzeiten nicht einsparen kann.
Geschäftsmodell / Strategie. SAP ist ein IT-Konzern mit Fokus auf Großkonzerne. Sie entwickeln verschiedene Anwendungen, die essenziell für große Unternehmen sind. Dabei hat SAP eine marktführende Position für Enterprise Resource Planning (ERP)-Software, Human Capital Management (HCM)-Software und ist die Nummer 2 bei Customer Relationship Management (CRM)-Software. SAP verkauft seine Software über Lizenzen oder im Abo-Modell über die Cloud und bietet verschiedene Beratungsdienstleistungen zur Integration der Software im Unternehmen an. Der strategische Fokus liegt auf dem Cloud-Geschäft. SAP baut es durch Übernahmen und spezielle Kundenangebote aus, um den Rückstand zu Konkurrenten wieder aufzuholen.
Bewertung. Die SAP-Aktie wird aktuell mit einem KUV von 3,5 und einem KGV von 29,8 bewertet. Beim KUV ist sie historisch unterbewertet, beim KGV gibt es ab 2023 die Unterbewertung. Im AlleAktien DCF- und FMV-Modell kommt SAP auf jeweils 11 % Renditeerwartung.
Chance #1. SAPs größte Chance ist das allgemeine Wachstum vom IT-Markt. Viele Unternehmen nutzen kaum IT und müssen sich langfristig in ihren IT-Möglichkeiten vergrößern. Davon sollte auch SAP profitieren.
Risiko #1. SAPs größtes Risiko sind die Wettbewerber, die es auf SAPs Marktanteile abgesehen haben. SAP konnte sich in der Vergangenheit erfolgreich wehren, doch durch die Umstellung auf die Cloud sind einige Umsätze in Gefahr. Das Risiko sollte man nicht unterschätzen.
Perspektive / Anlegertyp. Ich halte die SAP-Aktie mit einer Renditeerwartung von 11 % für kaufenswert. SAP ist mittlerweile eine schöne Value-Dividendenaktie geworden. Mit über 2 % Dividendenrendite und wachsenden Aussichten bereitet die SAP-Aktie langfristig Dividendenanlegern viel Freude und bietet viel Substanz. Wer einen Wachstumswert sucht, sollte sich mehr an Microsoft oder Salesforce orientieren.
Aufrichtige Grüße,
Michael C. Jakob
AlleAktien Gründer und Geschäftsführer
Über den Autor
Michael C. JakobMichael C. Jakob gilt als ein führender Experte für Qualitätsaktien, insb. für Technologie-Aktien und Asien-Aktien. Michael C. Jakob ist regelmäßig in Wirtschaftswoche, WELT und Handelsblatt als professioneller Investmentexperte eingeladen und begeistert mit tiefgehenden Aktienanalysen, unkonventionellen Investment-Thesen und pointierten Vergleichen. Michael C. Jakob ist Gründer von AlleAktien, einem der meinungsstärksten Researchhäuser in Deutschland. AlleAktien ist bei zahlreichen Privatanlegern für "Deutschlands beste Aktienanalysen" bekannt und dafür, die moderne Aktionärskultur seit 2019 mit aufgebaut zu haben. Vor AlleAktien war er als Managementberater bei McKinsey&Company und beim Vermögensverwalter UBS in Zürich. Zuvor absolvierte er sein Bachelor-Studium der Informatik in 4 Semestern am KIT in Karlsruhe und seinen Master in Management an der ETH Zürich und am Massachusetts Institute of Technology.
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Quellen & weiterführende Literatur
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SAP Geschäftsbericht 2021 | |
SAP Investorenpräsentation | |
SAP Earnings Call Q1 | |
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