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Lexikon

Aufsichtsrat

Die Aufgabe des Aufsichtsrates ist die Überwachung und Beratung des Vorstandes eines Unternehmens. In deutschen Aktiengesellschaften sind Vorstand (Unternehmensführung) und Aufsichtsrat (Kontrolle) per Gesetz getrennt. In den USA gibt es meist nur ein Board of Directors, welches gleichzeitig beide Funktionen erfüllt.

  1. Der Aufsichtsrat besteht aus gewählten Mitgliedern der Anteilseigner und der Belegschaft.
  2. Die Mitgliedschaft in einem Aufsichtsrat wird vergütet. Meist veröffentlichen die Unternehmen die genauen Gehälter der Aufsichtsräte.
  3. Der Aufsichtsrat bestimmt die Mitglieder des Vorstandes.
  4. In Deutschland liegt die Frauenquote in Aufsichtsräten der Top 200 Unternehmen bei 29,9 %.

Rechtliche Grundlagen

Am 11.06.1870 wurde die Einführung eines Aufsichtsrates für deutsche Aktiengesellschaften gesetzlich verpflichtend. Grundlage dafür war das „allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch“. Allerdings haben viele Unternehmen schon davor freiwillig Aufsichtsräte gebildet.

Aktuell ist die Rechtsgrundlage für die Arbeit des Aufsichtsrates §95 bis §116 des Aktiengesetzes (AktG). Daraus geht hervor, dass jede deutsche Aktiengesellschaft einen Aufsichtsrat bilden muss. Genossenschaften ab einer bestimmten Größe müssen dies auch tun. Für eine GmbH ist die Gründung eines Aufsichtsrates grundsätzlich freiwillig, in Spezialfällen kann es aber auch zur Pflicht werden.

Arbeit des Aufsichtsrates

Die Hauptaufgabe besteht in der Überwachung des Vorstandes. Dazu kann der Aufsichtsrat bestimmte Entscheidungen von seiner Zustimmung abhängig machen.

Zudem hat der Aufsichtsrat eine Prüfpflicht. Dies bedeutet, dass er den Jahresabschluss des Unternehmens vor der Veröffentlichung kontrollieren muss.

Die dritte große Aufgabe ist die Ernennung und Abberufung der Vorstandsmitglieder.

Viele Mitglieder eines Aufsichtsrates haben gleichzeitig noch gesonderte Beratungsverträge mit den Unternehmen. Dies kann für die Aufsichtsräte aufgrund der hohen Bezahlung dieser Verträge sehr lukrativ sein.

Die genauen Arbeitsprozesse und konkreten Aufgaben sind durch die jeweilige Satzung geregelt und somit von Unternehmen zu Unternehmen verschieden.

Wer ist im Aufsichtsrat?

Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens drei und maximal 21 Mitgliedern. Die genaue Zahl wird von der jeweiligen Satzung des Unternehmens individuell festgelegt. Im internationalen Regelfall besteht ein Aufsichtsrat aus gewählten Anteilseignern (also Aktionären). In Deutschland hingegen haben auch die Arbeitnehmer eine große Rolle im Aufsichtsrat. So muss dieser zu gleichen Teilen aus Anteilseignern und Angestellten bestehen.

Der Aufsichtsratsvorsitzende hat bei Stimmgleichgewicht im Aufsichtsrat zwei Stimmen.

Grundsätzlich kann jeder Aktionär oder Angestellter in den Aufsichtsrat gewählt werden. Der Deutsche Corporate Governance Kodex stellt jedoch bestimmte Anforderungen an das Persönlichkeitsprofil und die fachlichen Kenntnisse der Mitglieder, welche eingehalten werden müssen.

Vergleich zu den USA

In Deutschland wird das sogenannte „dualistische System“ benutzt. Dies bedeutet, dass Aufsichtsrat und Vorstand sowohl bei den Aufgaben als auch bei den Mitgliedern getrennt sind. Von dieser verpflichtenden Trennung verspricht sich der Gesetzgeber mehr Transparenz und eine höhere Kontrolle.

In den USA benutzen die meisten Konzerne ein „monistisches System“. Darunter versteht man die Fusion der beiden Gremien zu einem „Board of Directors“. Dieses Gremium hat gleichzeitig eine Kontroll- und eine Leitungsfunktion. Die Mitglieder eines Board of Directors werden eingeteilt in executive (geschäftsführend, d.h. wie Vorstand) und non-executive (nicht geschäftsführend, d.h. wie Aufsichtsrat). Häufig werden die geschäftsführenden Mitglieder als Chief Officers bezeichnet.

Unternehmen in den USA können aber auch freiwillig ein dualistisches System umsetzen. Diese Variante wird es zum Beispiel von Apple und Google angewendet. Die Grenzen zwischen den Gremien sind dort allerdings nicht so strikt wie in Deutschland. Häufig ist der CEO (Chief Executive Officer, d.h. Geschäftsführung) auch Mitglied im Aufsichtsrat.

Jeff Bezos als konkretes Beispiel

Der Gründer und ehemalige CEO von Amazon hat seine Tätigkeit als Geschäftsführer von Amazon am 05.07.2021 beendet. Sein Nachfolger als CEO wird Andy Jassy. Jeff Bezos wird Leiter des Verwaltungsrates (vergleichbar mit einem Aufsichtsrat). Von dort aus möchte er sich mehr um die strategische Weiterentwicklung von Amazon kümmern und weniger um das Tagesgeschäft. Dieses Beispiel zeigt, dass ein Verwaltungsrat (oder ein Aufsichtsrat) sehr großen Einfluss auf die Entwicklung eines Unternehmens haben kann.

Der Aufsichtsrat von Volkswagen

Dieser wird häufig als der „mächtigste Aufsichtsrat der Welt“ bezeichnet. Grund dafür ist die sehr starke Vertretung der Arbeitnehmer über Gewerkschaften und die Rolle des Landes Niedersachsens als Aktionär mit 20 % der Anteile.

Beide Parteien sind im Aufsichtsrat vertreten und setzten sich vehement gegen einen Stellenabbau im Konzern ein. Der CEO Herbert Diess möchte dies machen, um VW auf dem Wandel zur Elektromobilität hin zu unterstützen. Gerade im Vergleich zu Tesla hat Volkswagen zu viele Mitarbeiter pro produziertes Auto, was sehr hohe Kosten hervorbringt. Im November 2021 entscheidet der Aufsichtsrat, ob sie mit Herbert Diess als CEO weitermachen wollen. Dies zeigt erneut die große Macht eines Aufsichtsrates.

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