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Lexikon

Halal investieren und Islamische Finanzen

Halal investieren bedeutet, sich bei der Geldanlage an die von der AAOIFI aufgestellten Regeln für Scharia-konforme Investments zu halten. Verschiedene Kennzahlen und Methoden helfen gläubigen Muslimen dabei, Geldanlage unter der Einhaltung der Scharia zu ermöglichen.

Kernpunkte

  1. Mit Hilfe verschiedener Kennzahlen wird geprüft, ob ein Unternehmen im Einklang mit der Scharia steht.
  2. Die Standpunkte zum Investieren in Aktien unter gläubigen Muslimen unterscheiden sich teilweise stark.
  3. Software, wie zum Beispiel die Zoya App, helfen bei der Suche nach Scharia-konformen Aktien.

Die fünf Prinzipien der Scharia

Die Scharia, das islamische Recht, kennt fünf Prinzipien für Finanztransaktionen und Bankgeschäfte, die ein gläubiger Moslem einhalten muss und die großen Einfluss auf seine Anlagemöglichkeiten haben.

  1. Es gilt ein Zinsverbot. Finanzgeschäfte, die auf Zinsen beruhen, sind nicht erlaubt (sogenannte Ribā). Denn mit Zinsen erzielt man einzig aus dem Faktor Zeit einen Gewinn. Zeit aber ist ein öffentliches Gut, über das allein der Schöpfer verfügt.
  2. Spekulation ist verboten (Gharar). Damit sind alle Geschäfte gemeint, die eine bedeutende Unklarheit über wesentliche Hauptleistungspflichten beinhalten.
  3. Auch Wetten (Quimar) und Glücksspiele (Maysir) sind untersagt
  4. Grundsätzlich verboten sind alle Arten unethischer Geschäfte wie Waffenhandel, Drogenhandel, Tabak, Alkoholkonsum, Schweinefleisch, Prostitution und Pornografie (Harām).
  5. Es gilt das Prinzip der Gewinn- und Verlustrechnung. Das heißt, dass der Investor eines Unternehmens nicht als Gläubiger aufgefasst wird und somit an Gewinn und Verlust beteiligt ist.

Prüfung von Aktien

Die Accounting and Auditing Organisation for Islamic Financial Institutions (AAOIFI) hat ein sogenanntes Scharia-Board aus Gelehrten des Islam. Diese stellen Richtlinien und Methoden auf, um Scharia-konform zu investieren. Der Prüfungsprozess besteht aus drei Schritten.

  1. Business Screening

Hierbei wird das Hauptgeschäftsmodell des Unternehmens überprüft. Der Anteil am Umsatz aus nicht Scharia-konformen Branchen, wie zum Beispiel Alkoholproduktion und Rüstungsindustrie, muss kleiner als 5 % des Gesamtumsatzes sein. Auch Zinseinnahmen werden zu den nicht-konformen Umsätzen gezählt.

  1. Financial Screening

Hierbei kommt es auf zwei Kennzahlen an, von welchen keine eine bestimmte Schwelle überschreiten darf. Zuerst wird die Einlagen-Grenze betrachtet. Diese Kennzahl beschreibt das Verhältnis aus zinsbehafteten Anlagen, wie Wertpapiere und Anleihen des Unternehmens zur Marktkapitalisierung. Der Anteil an zinsbehafteten Einlagen darf 30 % nicht übersteigen. Auch das Verhältnis aus zinsbehafteten Schulden und Marktkapitalisierung, die sogenannte Schulden-Grenze, darf 30 % nicht übersteigen.

  1. Einnahmenreinigung

Nahezu kein Unternehmen hat einen nicht Scharia-konformen Anteil von 0 %. Aus diesem Grund werden am Ende des Geschäftsjahres die Einnahmen gereinigt. Dazu wird der „unerlaubte Umsatz“ des Unternehmens ins Verhältnis zu der Anzahl an ausgegeben Aktien gesetzt. Das Ergebnis ist der „unerlaubte Umsatz“ pro Aktie. Je nach Anzahl der eigenen Aktien muss dieser Betrag dann jährlich gespendet werden.

Hilfestellung beim Investieren

Der Aufwand, die verschiedenen Umsätze in den Geschäftsberichten zu identifizieren, bewerten und zu addieren ist für einen Privatanleger fast nicht umsetzbar. Aus diesem Grund gibt es Software wie zum Beispiel die Zoya App, welche dies übernimmt. Bei einer Anlage in ETFs ist dieser Aufwand noch einmal deutlich höher, da dieser aus hunderten Aktien besteht, die alle einzeln geprüft werden müssen. Scharia-Boards aus Gelehrten des Islam übernehmen diese Aufgabe indem sie Fonds überwachen und zertifizieren.

Investments in andere Asset-Klassen

Für Kryptowährungen gibt es noch keine einheitlichen Regeln. Hier ist eine Einzelfallprüfung des Scharia-Boards notwendig. Ethereum ist zum Beispiel eine erlaubte Kryptowährung, beim Bitcoin ist die Situation hingegen noch kritisch. Eine finale Entscheidung steht noch aus. Bei Edelmetallen, wie zum Beispiel Gold kommt es genau auf die Verwendung und das dahinterstehende (Finanz-)Produkt an. Eine allgemeine Aussage kann nicht getroffen werden.

Halal-Finanzprodukte für Nichtmuslime

Halal Finanzprodukte können auch für Nichtmuslime attraktiv sein, weil sie weniger spekulativ sind als westliche Lösungen. Mittlerweile bieten auch einige Banken aus dem Westen schariakonforme Fonds- und Zertifikatgeschäfte an, sie beschränken ihre Tätigkeiten aber weitgehend auf islamische Länder. Deutsche Anleger, die halalkonform investieren wollen, haben verschiedene Möglichkeiten. Unter anderem bietet die Deutsche Bank ihren Kunden in Deutschland Zertifikate an, die allerdings nicht groß bekannt sind, da sie nicht aktiv beworben werden. Desweiteren existieren auch Zertifikate von ABN Amro, BNP Paribas und UBS.

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